Wirklichkeit erfinden, 2015
Raumgreifende Installation aus Strohhalmen und Nylonfäden

Das Gesamtwerk der Künstlerin Angelika Höger ist zu weiten Teilen dem verschrieben, was sie selbst als „Housewife Engineering“ bezeichnet. Es hat die Untersuchung, Inszenierung und das in Gang setzen von gewöhnlichen Haushaltsutensilien zum Gegenstand, die sich in ungewohnten Konstellationen treffen und gelegentlich einen Tanz aufführen oder gemeinsam disharmonische, arhythmische Konzerte geben.
Das Experimentieren mit einfachen, auch recycelten Materialien, das Sezieren ihrer besonderen und alternativen Eigenschaften lässt diese über die ihnen zugewiesene Form oder Funktion hinauswachsen und in fremden Konstellationen gänzlich unerwartete Verbindungen eingehen, die den Betrachter immer wieder in kindliches Staunen versetzen.
Segmente der aktuellen Arbeiten Högers erinnern zunächst vielleicht an finnländische Himmelis oder Strohsterne. Tatsächlich gab die Untersuchung naturwissenschaftlicher Gesetzmäßigkeiten von Edelsteinen zunächst den Anlass für die serielle Produktion von systematisch umrissenen Formen. Allerdings manifestieren sich diese Untersuchungen keinesfalls in statischen mathematischen Studien, wie etwa einer Veranschaulichung der Stabilität geodätischer Kuppeln Fullers. In der Art ihrer künstlerisch-experimentellen Behandlung wachsen die Arbeiten Högers zu komplexen Raumgebilden zusammen, tasten und wuchern schrillbunt und vehement in den Raum hinein, vereinnahmen ihn und stoßen sich wiederum von ihm ab.
Die wabenförmigen Elemente der farblosen Kirchenfenster übersetzt Höger in eine dreidimensionale Buntfarbigkeit, die als eine Reminiszenz an die Bedeutung des einfallenden himmlischen Lichts in den Kirchenraum betrachtet werden kann. Transparente Gebilde setzen sich über ihre wandelbaren Schatten wie dreidimensionale Zeichnungen scheinbar auf der spiegelverkehrten Seite des realen Raums fort. Sie sind eine fragile, viel empfindsamere Variation der ihnen zu Grunde liegenden molekularen Schemata. In Form und eigenwilliger Dynamik entzieht sich Högers Installation jeder dekorativen Zuweisung.
Die Arbeiten Högers sind prozessual und stets auf den Raum bezogen, in dem sie sich zeigen, auf dessen Charakteristika und Geschichte. Jede Installation ist ein einzigartiges Phänomen, das nicht wiederholbar ist und dennoch einen hohen Wiedererkennungswert aufweist.

Venezianische Eröffnung: 17. Mai 2015, 18 Uhr Sprache: Kathrin Jahns, Musik: Gitarrenduo Conradi-Gehlen, Werke von Mark Andre (UA), John Cage, Mauricio Kagel, Matthias Kaul, Jörg  Mainka, Enriquez de Valderrábano Kunst: Angelika Höger, Installation