Spieltrieb und Erkenntnisdrang sind die Motoren in Angelika Högers Arbeit. Diese lassen sie auch in die Fußstapfen großer Vorbilder treten, beispielsweise Sisyphos. Bei einem Aufenthalt in Vellano entstand diese Arbeit, die Elemente der Performance, der Installation und der Grafik verbindet. Anstatt endloser, trockener Versuche, einen Stein den Berg vergebens hinaufzurollen, wendet sich Höger dem Thema des Abstiegs zu. Dahinter steht die Überlegung, dass irgendwann einmal auch Sisyphos genug von seinem aussichtslosen Unterfangen gehabt haben muss. Spielerisch kegelt sie in ihrer Aktion nun einen Stein abwärts. In diesem Akt entfaltet sich Högers künstlerisches Potential: Als Performance-Künstlerin rollt sie einen Stein durch ein kleines Bergdorf, verkörpert dabei ein weibliches Sisyphos-Pendant (oder auch Anti-Sisyphos). Man könnte den Akt als Geste der Kapitulation verstehen. Jedoch wickelt Höger den Stein zunächst in Kohle- und dann in weißes Papier, sodass sich eine grafische Spur auf dem weißen Papier abzeichnet, indem Höger diesen präparierten Stein tatsächlich einen Abhang hinunterkegelt. Unten angekommen wird der Stein entblättert, können die Spuren gesichtet und geordnet werden. Diese Aktion wiederholt sie zyklisch. Das entstandene grafische Material ordnet sie nun zu einer Installation, indem die Papiere wie nasse Handtücher auf einen Wäscheständer gehängt werden. An einer Hauswand angebracht, wird daraus ein poetisches Objekt. Auch in anderem Kontext, hier der Dominikanerkirche, funktioniert diese Arbeit nach dem gleichen Prinzip: Das Alltagsobjekt Wäscheständer ist durch seine absurde Position einer praktischen Funktion enthoben und wird durch die "Federn", wie die aufgehängten Blätter leicht wirken können, spielerisch belebt. Weibliche Gegenposition zur männlich dominierten Philosophie, absurdes Spiel mit Klischees, aber auch eine tiefsinnige Befragung von gedanklichen Ikonen finden sich in spielerisch-leichter Form in dieser Arbeit wieder.
Objekt und Dokumentationsvideo waren 2007 in der Kunsthalle Osnabrück in der Ausstellung »EinAnder« zu sehen.