• Tangency - Stadtberührungen, Angelika Höger, Klanglabor
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Tangency - Stadtberührungen, 2012
Klanglabor

Angelika Höger aus Bielefeld richtete in einem leerstehenden Ladenlokal ein „Klanglabor“ ein, in dem sie wie in einer Feldforschungsstation die akustischen Eigenschaften verschiedener Materialien erforschte. Auf mehreren Erkundungsgängen durch das Viertel sammelte die Künstlerin Stücke von Pflastersteinen, Gitterrosten und Plastikabfälle sowie mittels eines Aufnahmegerätes die unterschiedlichen Klänge, die sich bei Berührung ergeben, z.B. klappernde Briefkästen oder herunter fallende Gegenstände. Angelika Höger lenkte bei ihrer Suche den Blick auf das Zwischenfeld von Akustik und Materialität der Stadt um die Klänge des Rosenplatzes durch ihre künstlerische Bearbeitung auf neue Weise erfahrbar zu machen.

In ihrer ersten Untersuchung fotografierte sie Oberflächen des Rosenplatzes, die Straße, den Gehweg, Hausfassaden, Türen, Fenster, Stufen, Schilder, Sitzgelegenheiten, Bepflanzungen und schuf ein Archiv mit unzähligen Bildern der unterschiedlichen Materialien. Dabei hat die Künstlerin die Oberflächen als Berührungspunkt für Resonanz entdeckt, die den akustischen Charakter eines Ortes prägen. Die Erfahrung, dass Geräusche im Alltag Orientierung geben, etwa der Bus, der an der Haltestelle vor der Haustür hält, die Kirchturmuhr, das Schrillen der Pausenglocke, die Müllabfuhr oder das Klappern des Briefkastens, hat Angelika Höger bewogen, in ihrer künstlerischen Untersuchung die sonst eher unbeachteten akustischen Merkmale der urbanen Wohnkultur zu thematisieren.

So installierte sie in einem leerstehenden Ladenraum laborähnliche Versuchsanordnungen, in denen Besucher gemeinsam mit ihr an einer Apparatur experimentieren konnten, die das Tropfen von Wasser auf Gegenstände elektrisch verstärkte. Baumaterialien eines Abrisshauses vom Rosenplatz konnten hier akustisch ausgelotet werden.

Des Weiteren zeigte sie ein Bildarchiv mit Fotos und Videos und arrangierte in ihrem „Klanglabor“ außerdem mehrere Klangstationen, die mit unterschiedlichen Materialien dauerhaft Geräusche verursachten. In diesen Arrangements ordnete Angelika Höger auf dem Boden Fundstücke einer Baustelle im Kreis an und ließ sie durch eine selbstgebaute Spieluhr-Konstruktion „abtasten“. Mit Hilfe alter Grillmotoren ließ sie Regenschirmgestelle rotieren, an deren Enden Nylonfäden mit Kugeln oder Scheiben aus Plastik, Holz und Metall hingen. Das stetige Kreisen der aufgehängten Klangkörper erzeugte auf den unterschiedlichen Materialien Klänge in vielfältigen Tonlagen. Als rhythmische Klangfolgen mit ständig neuen kleinen Variationen verschmolzen diese zu einem raumfüllenden Klangteppich, der als leises Knacken, Klicken, Klirren eine feingliedrige und poetisch klingende Akustik des Stadtraums zu Gehör brachte.

Eine Woche lang haben sechs Künstlerinnen und Künstler aus vier Ländern in Osnabrücks Südstadt rund um den Rosenplatz Erkundungsgänge unternommen und dabei auf ihre spezifische Weise untersucht, wie sich städtischer Raum „anfühlt“. Mit Fotos, Video, einer Langzeitperformance, Klangexperimenten und Objekten haben die Kunstschaffenden auf den Stadtraum reagiert. Die Idee zu dieser ungewöhnlichen Fragestellung hatte Prof. Dirk Manzke, der als Lehrender der Hochschule Osnabrück an der Schnittstelle zwischen Städtebau und Freiraumplanung zum Thema Atmosphäre arbeitet. In Zusammenarbeit mit der freien Kuratorin Elisabeth Lumme sowie dem Verein TOP.OS Verein für neue Kunst e.V. ist das Konzept   für  „Tangency – Stadtberührungen“ entstanden, bei dem  Künstlerinnen und Künstler ihren Blick auf Oberflächen und Materialien lenken.

Die Stadt wird zum offenen Experimentierfeld.  „Es geht darum, das Augenmerk auf die physische Kontaktaufnahme und die Stofflichkeit der Stadt zu lenken“ so der Initiator Dirk Manzke. Die sinnliche Wahrnehmung der Stadt, der Architektur und des Freiraums dazwischen soll durch Künstler untersucht und auf neuartige Weise erfahrbar gemacht werden. Mit Fotografien, Videoarbeiten, Klangexperimenten und Materialinterventionen werden die Künstler helfen, die Atmosphären und Materialien, die unseren Alltag prägen, bewusster zu machen.

An dem Kunstprojekt haben teilgenommen: Paul Feichter, Angelika Höger, Johannes Langkamp, Cornelia Rößler, Ariel Schlesinger, Trish Scott

Künstlerische Leiter:
Prof. Dirk Manzke, Hochschule Osnabrück Studium der Architektur und des Städtebaus an der Technischen Universität Dresden und Tiflis / Autor, Zeichner, Professor für Städtebau und Freiraumplanung Hochschule Osnabrück

Elisabeth Lumme Studium der Kunst- und Literaturwissenschaft an der Universität Osnabrück, freischaffende Künstlerin, Kuratorin und Kulturmanagerin www.elisabeth-lumme.de